Vi køre til Danmark – Die Q1a setzt den Austausch mit dem Gymnasium Grenaa fort
Ende März besuchte uns eine Eingangsklasse des Gymnasiums Grenaa und tauschte sich mit der Ea intensiv über Europa und Zukunftsfragen aus. Da sich alle gut verstanden, manche sich sogar zwischendurch privat besucht hatten, fand vom 28. – 31. August 2019 der Gegenbesuch unter der Leitung von Frau Jebens-Ibs und Herrn Haak in Grenaa statt, einer Kleinstadt mit 14.500 Einwohnern an der Ostseeküste.
Schon bei der Begrüßung durch den Deutschlehrer Karsten Trolle Viholm waren die deutschen Gäste begeistert von der Großzügigkeit der Eingangshalle mit dem großen Wasserbecken und der Bronzeskulptur.
Hier in der Halle befinden sich auch Schrankfächer, die in Blöcken den einzelnen Klassen zugeordnet sind.
In der großen Aula stärkten wir uns nach der Busfahrt mit Kuchen und Getränken, während Joachim auf dem Flügel Jazzmelodien improvisierte.
Der zunächst verhaltene Umgang miteinander wurde aufgelockert, als die Q1a einen im Sportunterricht eingeübten Tanz vorführte und die dänischen GastgeberInnen animierten, ihr tänzerisches Können unter Beweis zu stellen. Den Abend verbrachten die Schülerinnen und Schüler der Q1a in ihren Gastfamilien, während die deutschen Lehrkräfte von der Schulleiterin Helene Bendorff Kristensen zum Essen in ein gemütliches Lokal in der Innenstadt eingeladen wurden.
Während die dänischen SchülerInnen noch den ersten Unterrichtsblock absolvierten, begann der Donnerstagmorgen für die deutschen Gäste mit einem Frühstück im benachbarten Boardinghouse (Internat). Am Gymnasium Grenaa kann man das IB erwerben (International Baccalaureate), ein internationales Abitur, das weltweit hohe Anerkennung genießt. Etwa 100 bis 120 Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Welt, u.a. aus den USA, Japan, einigen afrikanischen und arabischen Staaten, sind eingeschrieben und wohnen im Internat.
Auch hier waren wir von der Großzügigkeit der Aufenthaltsräume angetan. Vor dem gemütlichen Kamin kann man entspannen, an den Tischen spielen oder auch gemeinsam an Hausaufgaben oder Projekten arbeiten.
Die IB-Schülerinnen werden im Internat viermal am Tag mit Mahlzeiten versorgt; dabei wird auf die unterschiedlichen Esskulturen Rücksicht genommen und auf Ausgewogenheit und Gesundheit geachtet. Alle Speisen, auch die Backwaren, werden in der Küche hergestellt, die auch die Cafeteria des gegenüberliegenden Gymnasiums beliefert und im großzügig geschnittenen Lehrerzimmer mittags für die Lehrkräfte gegen ein vergleichsweises geringes Entgelt ein umfangreiches Büfett aufbaut.
Sonntags gibt es im Internat erst gegen Mittag einen Brunch, so dass die Jugendlichen ausschlafen können.
Besonders gute IB-Schülerinnen erwerben das Privileg, im sogenannten Graduiertenhaus untergebracht zu werden. Hier sind die Zimmer größer und sechs bilden eine Einheit, der eine Gemeinschaftsküche zugeordnet ist. Hier kann man dann als Gruppe kochen.
Ansonsten sind die Zimmer eher klein, so dass man auf schöne Gemeinschaftsräume angewiesen ist.
Die Leiterin Helle Høgh ging bei ihrem Vortrag über den Internatsalltag auch auf das Problem Alkohol ein. Hier pflegen die Lehrkräfte und Betreuer einen recht pragmatischen Stil: Hochprozentiger Schnaps ist verboten, Bier und Wein dürfen im eigenen Zimmer nur am Freitag und Sonnabend getrunken werden, damit man an Schultagen nüchtern ist. Die Getränke müssen im Schrank verwahrt werden; bei Partys im Internat ist Alkoholkonsum nicht zulässig. Auf den Schulpartys in der Cafeteria des Gymnasiums, die einmal im Monat stattfinden, schenken die Lehrer Bier und Wein aus. Besonders die amerikanischen IB-SchülerInnen finden das wunderbar, da sie solche lockeren Sitten in ihrer Heimat nicht gewohnt sind.
„Drogen sind absolut verboten“, erklärte die Internatsleiterin auf unsere Frage, wie es mit Haschisch oder anderen Betäubungsmittel sei. Das Internat müsse seinen Ruf verteidigen, denn nicht selten kursierten in der Kleinstadt Gerüchte, dass hier eine „Drogenhöhle“ sei. Deshalb habe es auch schon Einsätze mit Drogenhunden der Polizei gegeben. Wenn dabei Drogen entdeckt werden, fliegt der Betreffende gleich von der Schule. Gespräche werden mit denjenigen geführt, die im Verdacht stehen, verbotene Substanzen zu konsumieren.
Unser Lübecker Bus brachte uns dann ins 62 km entfernte Aarhus, 2017 Kulturhauptstadt Europas und mit ca. 277.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Dänemarks. Wir besuchten das beeindruckende ARoS Kunstmuseum, das von den ortsansässigen Architekten Schmidt, Hammer & Lassen entworfen und 2004 von der dänischen Königin Margarethe II. eingeweiht wurde.
Der Wirkung eines Kunstwerks konnte sich niemand entziehen: Die fünf Meter hohe Glasfaserskulptur „Boy“ des australischen Künstlers Ron Mueck, 2001 vom ARoS erworben, bildet den zentralen Anziehungspunkt der BesucherInnen. Rundherum ist „Boy“ von Spiegeln umgegeben, so dass man alle Körperpartien zugleich wahrnehmen kann. Je nach Blickwinkel verändert sich der Gesichtsausdruck; die hyperrealistische Darstellung wirkt lebendig und befremdlich zugleich.
Anschließend ging es in des kleine Wikinger-Museum am Domplatz, das über die Anfänge der Stadt als Wikinger-Siedlung informiert und anhand von Modellen, Rekonstruktionen und Karten einen knappen Einblick in den Alltag und den Aktionsradius der nordischen Händler und Räuber gibt.
Die Verweildauer der meisten Schülerinnen und Schüler war recht kurz, denn alle wollten die anschließende Freizeit genießen und die Stadt erkunden, die einige Attraktionen zu bieten hat, wie z.B. das Bistro des Kaufhauses Salling, das sich über mehrere Ebenen auf dem Dach erstreckt und dessen Aussichtsplattform über die Fußgängerzone hinausragt. Im Kaufhaus findet man auch ein umfangreiches Angebot an skandinavischen Designobjekten.
Der Tag endete Im Lehrerzimmer des Gymnasiums mit einem gemeinsamen Essen, an dem auch einige Gasteltern und die Geschwister der GastgeberInnen teilnahmen. Alle hatten etwas für das üppige Büfett mitgebracht. Anton und Joachim besiegelten die deutsch-dänische Freundschaft mit dem gemeinsamen Klavierspiel.
Am Freitagmorgen wurde die Q1a von den beiden Schülerinnen Regine und Sarah durch das Gymnasium geführt, in englischer Sprache, weil ihre Deutschkenntnisse noch nicht so umfangreich sind. In Dänemark besuchen die Schülerinnen und Schüler von 6 bis 16 Jahren gemeinsam die Folkeskole (Volksschule); anschließend kann man sich über das dreijährige Gymnasium bewerben, wo man dann mit der neuen Fremdsprache Deutsch beginnen kann.
Das Gymnasium in Grenaa hat etwa 550 SchülerInnen. Zum Unterricht bringen alle ihre Laptops mit und nutzen diese ständig als Unterrichtsmittel. Spontan wurden wir von der Musik- und Deutschlehrerin Ellen in ihre Klasse gebeten. „Die technische Ausstattung der Räume ist viel besser als bei uns“, stellte Kalle fest, „und die ganze Schule ist so großzügig geschnitten.“ Nele fand es toll, dass alle Räume ebenerdig liegen und die Schule so großzügig wirkt.
Was allen während dieser Tage auffiel: Das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern ist viel herzlicher als bei uns in Deutschland. Alle Mitglieder der Schulgemeinschaft duzen sich – was auch sonst im dänischen Alltag üblich ist. Häufig begrüßen sich Lehrer und Schüler mit Umarmungen, auch wenn man sich mitten in der Stadt trifft.
Sehr angetan waren alle von der großen Bibliothek, in der auch in Gruppen gearbeitet werden kann, und von der Cafeteria. Uns wurde deutlich, dass der dänische Staat deutlich mehr in die Schulen des Landes investiert. „Hier werde ich später meine Kinder herschicken“, meinte Pia ganz begeistert. Da war Torben einer Meinung mit ihr.
In der Aula herrschte an diesem Tag große Aufregung: Die Schülerschaft des Gymnasiums hatte eine Tedx-Konferenz mit neun Talks vorbereitet, die aufgezeichnet und ins Netz gestellt werden sollten. Wir hatten die Gelegenheit, den ersten Programmpunkt mitzuerleben: Die IB-Schülerin Francesca Maffini hielt auf Englisch einen Vortrag über „KeyToHappiness“.
Nach der Besichtigung stand eine Rallye durch Grenaa auf dem Plan. Die fünf deutsch-dänischen Gruppen sollten bei einem deutschen Discounter jeweils ein deutsches Produkt kaufen und dieses auf „Familienbildern“ bei zwei Denkmälern präsentieren – einem Schweinchen und dem Helden der Stadt Simon Kanne, der im 19. Jahrhundert Menschen aus der Ostsee vor dem Ertrinken gerettet hatte und – Ironie des Schicksals – später im Fluss Grenaa ertrank. Die Aufgabe, auf Simon Kanne ein Gedicht zu schreiben, in dem auch das gekaufte Produkt eine Rolle spielt, war gar nicht so einfach zu lösen. Die Ergebnisse waren sehr lustig und wurden mittags in der Schule präsentiert.
Nachdem alle ihr Lunchpaket verspeist hatten, stand eine sportliche Aktivität auf dem Plan: ein Schlagballspiel, in das die Lübecker eingeführt werden mussten. Alle hatten viel Spaß, auch wenn ordentliche Strecken zu laufen waren.
Nachmittags begann in der Innenstadt das Straßenmusikfestival, dessen Vorbereitungen wir schon in den Tagen zuvor beobachten konnten. Am Markt wurde die Hauptbühne errichtet und an vielen Stellen der Einkaufszone oder auf Parkplätzen der Supermärkte kleine Podeste für die Straßenmusiker aufgebaut. Am Freitag war die Stadt voller Leben und bis weit in den Abend hinein waren viele kleine Gruppen oder einzelne SängerInnen zu hören.
Einige unserer dänischen Gastgeber waren schon morgens sehr aufgeregt, denn das Gymnasium Grenaa war auch mit einigen musikalischen Beiträgen beteiligt, die im Musikunterricht vorbereitet worden waren. Mit dem Besuch des Festivals endete unser Programm in Grenaa.
Schade war, dass die Lübecker Schülerinnen und Schüler abends nicht an der großen Schulparty im Gymnasium teilnehmen konnten; sie mussten sich allein in der Stadt beschäftigen, bis sie von ihren Gastgebern wieder mit nach Hause genommen wurden.
Obwohl der gedankliche Austausch zwischen Deutschen und Dänen nicht so intensiv wie in Lübeck war, kehrten alle frohgestimmt nach Lübeck zurück.
„Der Grenaa-Austausch war sehr informativ. Ich konnte viel über das dänische Schulsystem lernen und habe auch einen Einblick in das Leben im Internat bekommen.“ (Henrik)
„Leider konnten wir abends als Gruppe nicht so viel gemeinsame Zeit mit den dänischen Schülern verbringen, weil viele außerhalb der Stadt leben und weit fahren müssen.“ (Ruben)
„Durch den Austausch konnte ich meine Freundschaft zu Sarah und Regine vertiefen und auch noch meine Klasse besser kennen lernen. Ich werde auch weiterhin mit einigen Dänen im Kontakt bleiben.“ (Pia)
„Grenaa ist eine freundliche Stadt mit netten Leuten. Das Musikfestival war interessant und hat mir gut gefallen. Meine Gastgeberin war sehr nett und hat sich ganz lieb um mich gekümmert.“ (Leonie)
„Meine Gastfamilie war nett und entspannt. – Das Kunstmuseum in Aarhus war interessant, teilweise aber auch verstörend.“ (Magnus)
„Der Ausflug nach Aarhus war ein Highlight des Dänemark-Besuches. Der Ausblick von der Regenbogenplattform des ARoS war sehr schön, obwohl die Stadt nicht so sonderlich interessant ist.“ (Fabian)
„Die Schule ist im Gegensatz zu unserer sehr fortschrittlich und technisch auf einem höheren Level; daran könnten wir noch arbeiten.“ (Eliseo)
„Ich finde das Konzept für den Austausch gut; man sollte das Projekt erhalten und auf jeden Fall mit dem Gymnasium Grenaa in Kontakt bleiben.“ (Til)
Wir danken recht herzlich den dänischen Lehrkräften Karsten und Stine, die das Programm vorbereiteten, der Schulleiterin Helene, die das Projekt unterstützt, und den Gastfamilien, die unsere Q1a so nett aufgenommen haben.
Mange tak!
Text und Fotos: Sabine Jebens-Ibs