Deutsch-französische Drittortbegegnung
Letztes Jahr musste die eigentlich regelmäßig stattfindende Drittortbegegnung mit einer Schule aus Bordeaux wegen Corona noch abgesagt werden, doch dieses Jahr war es für 21 Schülerinnen und Schüler aus den Stufen E und Q1 endlich soweit. Von Sonntag, den 12.3. bis Freitag den 17.3. 2023, fuhren wir nach Saarbrücken und trafen dort ebenso viele Franzosen im gleichen Alter, die ein Lycée in Bordeaux besuchen. Im Laufe der fünf Tage voller Programm beschäftigten wir uns intensiv mit den deutsch-französische Beziehungen und der europäischen Integrationsarbeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Am Sonntag trafen wir gegen 18 Uhr trafen in der Jugendherberge Saarbrücken zusammen und schon bald konnten wir uns neuer Aufregung stellen, denn nach dem etwas kargen Abendessen lernten wir unsere französischen Partner sowie Justine und David, unsere Betreuer von der europäischen Akademie Otzenhausen, kennen. Bis ca. 22 Uhr erhielten wir eine erste Einführung in die Planung der Woche und die Regeln in der Jugendherberge. Da danach schon die Nachtruhe anfing, unternahmen wir an diesem Abend nicht mehr viel und richteten uns stattdessen in unseren national gemischten Zimmern ein.
Montag lief das Programm noch recht entspannt an: In verschiedenen Gruppenkonstellationen arbeiteten wir die deutsch-französische Geschichte sowie wichtige Ereignisse auf dem Weg zu dem Europa, wie wir es heute kennen, auf. Außerdem spielten wir natürlich auch einige Kennenlernspiele und am Abend präsentierten sich die Jugendlichen beider Nationen verschiedene kulinarische Spezialitäten aus ihren jeweiligen Ländern.
Wir Deutschen mussten dabei aber oft höflich ablehnen, da die vielen Vegetarier unter uns nur wenig begeistert von Schinken, Salami und Foie Gras (Entenleber im Glas) waren.
Die folgenden beiden Tage waren angefüllt mit allen möglichen kleineren und größeren Unternehmungen. Dienstag fuhren wir nach Verdun, schauten uns zunächst das dortige Museum zur symbolträchtigen Schlacht im Ersten Weltkrieg an und erhielten dann Führungen durch das Fort und das Beinhaus von Douaumont.
Auf der Fahrt wurden wir kurz aufgehalten, da ein umgefallener Baum die Straße versperrte. Aufgrund des im Krieg eingesetzten Giftgases ist der Boden rund um Verdun immer noch verseucht und deshalb können dort heute, auch über hundert Jahre nach der Schlacht, keine gesunden Pflanzen wachsen. Auch wenn es ein sehr kalter Tag war und das viele Herumstehen deshalb an unseren Nerven zerrte, gab es unglaublich viel zu lernen und die zweieinhalb Stunden Rückfahrt waren von einer nachdenklichen und demütigen Stimmung geprägt.
Am Mittwoch ging es nach Straßburg. In der stark durch seine abwechselnd deutsche und französischen Geschichte geprägten Elsassmetropole machten wir am Vormittag in binationalen 6er-Gruppen eine Stadtrallye, deren Aufgaben einige Selbstüberwindung kosteten. Zum Beispiel bestand eine Aufgabe darin, zwei Straßburger anzusprechen und sie zu bitten, auf Video einen Heiratsantrag zu simulieren.
Nach der Mittagspause ging das straffe Programm gleich weiter, denn nun statteten wir dem Europäischen Parlament einen Besuch ab.
Nachdem wir durch die Sicherheitskontrolle gelangt waren, standen zunächst Treffen mit dem deutschen Abgeordneten Niklas Herbst und dem französischen Abgeordneten Francois-Xavier Bellamy an. In rund eineinhalb Stunden standen sie für unsere Fragen zur Verfügung und antworteten ausführlich in ihren Muttersprachen. Anschließend besuchten wir den Plenarsaal, wo gerade eine hitzige Debatte über Seenotrettung für Flüchtlinge im Mittelmeerraum stattfand.
Mit einiger Verspätung kamen wir dann gegen halb acht wieder in der Jugendherberge an.
Den Donnerstag verbrachten wir schließlich mit der kreativen Verarbeitung all der Erfahrungen, die wir in den letzten Tagen gemacht hatten. In vier verschiedenen Ateliers arbeiteten wir zum Thema „Europa- gestern, heute und morgen“. Zur Wahl standen Poetry Slam, mit Aquarell gemalte Postkarten, Storytelling sowie Podcasten. Die Ergebnisse wurden am Nachmittag präsentiert und alle waren beeindruckt von der hohen Qualität für die kurze Zeit, in der sie entstanden waren.
Für den Abend hatten sich die Thomas-Mann-Schüler noch etwas ausgedacht und wir versuchten, allen Anwesenden den „Last Night“, einen Party-Line Dance beizubringen, in Frankreich ist nämlich ein ähnlicher Tanz unter dem Namen „Madison“ sehr bekannt. In der lockeren Stimmung fingen dann plötzlich viele auf unterschiedliche Art und Weise an zu tanzen und gerne hätten wir den letzten Abend noch länger ausgekostet, um 22 Uhr kam uns aber wieder einmal die Nachtruhe in die Quere.
Insgesamt hätten wir uns ein wenig mehr Freizeit gewünscht, da diese an fast allen Tagen erst nach 22 Uhr stattfand. Trotzdem bildeten sich dann immer noch kleinere Gruppen im Speisesaal, wo wir uns in angemessener Lautstärke noch aufhalten durften. Dort wurde dann gesungen, Gitarre, Dart und Karten gespielt und sowohl Deutsche als auch Franzosen konnten viele neue Kontakte knüpfen und einmalige Erfahrungen sammeln. Deshalb -trotz des sehr vollen Programms- war die Drittortbegegnung in Saarbrücken für alle Teilnehmenden eine schöne Erfahrung und vielleicht werden einige internationale Bekanntschaften auch bestehen bleiben. Ein großer Dank gilt Herrn Schwemer und Frau Dudzik, die die Fahrt begleiteten, Justine und David von der europäischen Akademie Otzenhausen und dem Rotary Club Lübeck Burgtor, der die Fahrt unterstützte.
Text von Ole W.
Fotos: Christina Dudzik