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„Am Ende – Sein“  – die 8b besucht die Lübecker Jugendbuchtage


Letzte Woche waren wir, die 8b, während der Lübecker Jugendbuchtage zu Besuch bei den Bücherpiraten in der Fleischhauerstraße. Dort haben wir Lene Pochstein (Klasse Eb) getroffen. Sie gehört zum Team der Bücherpiraten, hat viele Veranstaltungen mit organisiert und stand sogar selbst bei mehreren Lesungen auf der Bühne des Literaturhauses! Eine ihrer Lesungen haben wir besucht und anschließend mit Lene dieses Interview geführt:

Hallo Lene,

seit wann bist du Mitglied der Bücherpiraten und wie viele Jugendliche seid ihr in eurem Team?

Hallo! Ich bin jetzt seit ca. 4 ½ Jahren bei den Bücherpiraten. Im Organisationsteam der diesjährigen Jugendbuchtage sind wir zu acht: Nina, Johanna, Maria, Clara, Sophia, Kalle, Pauline und ich. Aber die Zahl kann im nächsten Jahr schon wieder anders sein! Es kommen ja immer wieder Leute dazu oder gehen weg, weil sie dann Abi machen.

War es schwierig für dich, neben der Schule die Jugendbuchtage vorzubereiten? Wie viel Zeit hat das in Anspruch genommen?

Wir haben uns am Anfang der Organisation mehrmals in den Ferien, am Wochenende oder in der Woche getroffen, um das Grundgerüst vorzubereiten, also das Motto oder das Plakat zum Beispiel. Dann folgten wöchentliche Treffen, und wegen der inszenierten Lesung haben manche von uns dann auch nach am Sonntag geprobt, als die Jugendbuchtage näher rückten, kam dann manchmal auch noch der Samstag dazu.

Klar war das mit der Schule manchmal anstrengend, besonders, wenn man sich unter der Woche trifft. Aber größtenteils macht es auch einfach Spaß, zumal man sich im Team dann auch besser kennenlernt und Spaß zusammen hat, und dann ist es auch eine gute Ablenkung vom Schulstress.

In eurer szenischen Lesung hast du eine der beiden Hauptfiguren aus Ewald Arenz` Roman „Alte Sorten“ gelesen und auch gespielt. Der Text handelt von sehr ernsten und schwierigen Themen wie Magersucht, Selbstverletzung und einem Suizidversuch. Das kann für einige Menschen sehr belastend sein. Warum habt ihr gerade diesen Roman für Jugendliche ausgesucht?

Die Frage taucht tatsächlich öfter auf. Ich denke, dass das Buch, obwohl es auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussieht und auch nicht direkt so klassifiziert wird, ein Jugendbuch ist. Eine der Hauptfiguren ist schließlich eine Jugendliche. Außerdem werden Themen angesprochen, mit denen sich besonders Leute in unserer Generation identifizieren können oder mit denen viele Jugendliche Probleme haben. Für mich und auch für die Crew ist ein Jugendbuch ein Buch, mit dem sich Jugendliche identifizieren können und das sie abholt. Das tut dieses Buch, obwohl es in der Buchhandlung vielleicht bei einer anderen Kategorie steht.

Deine Figur, ein 17-jähriges, psychisch krankes Mädchen namens Sally, leidet unter einer Essstörung, verletzt sich selbst und ist voller Misstrauen gegenüber ihren Mitmenschen. Eure Lesung begann mit ihrer Flucht aus einer Klinik – vor Ärzten und Therapeuten, eigentlich aber auch vor ihrem ganzen bisherigen Leben. Fiel es dir schwer, dich in diese Figur hineinzuversetzen? Was magst du an ihr? Und was findest du an Sally eher schwierig?

Vor unserer Lesung haben wir auch darüber gesprochen, welche Message wir Zuschauenden mitgeben wollen. Mir war es wichtig, Sallys Wut zu transportieren, und dass es okay ist, wütend zu sein, besonders als Frau. Das war am Anfang schon schwierig, einfach auf der Bühne zu stehen und Schimpftiraden rauszuschreien. Aber in dem Sinne hat Sally mir auch viel gegeben, weil ich gelernt habe, loszulassen und meine Wut nicht immer runterzuschlucken. Das finde ich wichtig. Ich mag, dass Sally so ehrlich ist und sich nicht unterkriegen lässt, trotz all dessen, was ihr passiert ist. Manchmal schießt sie dabei nur ein wenig übers Ziel hinaus und ist dann unnötig gemein zu ihren Mitmenschen, selbst, wenn sie ihr einfach nur helfen wollen. Daran müsste sie arbeiten. Aber ansonsten mochte ich es wirklich, sie zu spielen, zumal mir öfter gesagt wurde, ich sei ja überhaupt nicht wie Sally. Ein kleiner, wütender Teil in mir wollte, glaube ich, ein bisschen das Gegenteil beweisen.

Wir finden, dass dir das überzeugend gelungen ist! Du hast Sally auf der Bühne wirklich sehr glaubwürdig und lebendig verkörpert! Die zweite Hauptfigur des Romans, Liss, fanden wir auch sehr interessant, weil sie anfangs im Gegensatz zu Sally so friedlich und zufrieden wirkt, dann aber allmählich klar wird, dass auch sie sehr unglücklich ist. Als deutlich wurde, dass sie eine Waffe besitzt und sogar vor vielen Jahren ein Verbrechen begangen hat, hat uns das sehr überrascht.

Zwischen Sally und Liss entsteht ein besonderes Verhältnis. Uns hat vor allem gefallen, wie sehr es sich verändert. Während beide Figuren zu Beginn der Handlung noch so unterschiedlich wirken, entdecken sie allmählich immer mehr Gemeinsamkeiten. Ihr habt sehr authentisch dargestellt, wie ihre Freundschaft wächst, obwohl es beiden anfangs sehr schwer fällt, sie überhaupt zuzulassen.

Wie schwierig war es für euch, die Romanhandlung für eine 90-minütige Lesung zusammenzukürzen? Habt ihr selbst die Textpassagen für eure Lesung ausgesucht?

Beim Kürzen hatte ich tatsächlich meine Finger gar nicht im Spiel, das waren alles Maria und Nina, die die Regie gemacht haben. Ich habe nur manchmal mitgekriegt, dass sie überlegt haben, welche Szenen und Sätze man überhaupt wirklich braucht. Manchmal haben wir auch während des Probens Sätze oder Passagen rausgestrichen, weil uns beim Lesen auffiel, dass wir sie eigentlich nicht brauchen. Mein Skript war ganz schön bekritzelt, aber Maria und Nina haben das toll gemacht!

Zuerst hilft Liss Sally, indem sie sie bei sich auf ihrem Bauernhof aufnimmt. Gegen Ende eurer Lesung ist es Sally, die Liss beschützen will, als sie ahnt, dass Liss Selbstmord begehen möchte. Das war ein starker Wendepunkt. Sie tut alles dafür, um Liss am Leben zu halten. Der Roman passt dadurch sehr gut zum Motto der Jugendbuchtage: „Am Ende – Sein“. Hast du eine Lieblingsstelle aus dem Roman, wenn du an euer Motto denkst?

In dem Sinne habe ich zwei Lieblingsstellen; im Bezug auf das Motto ist es jene relativ am Ende, wo Sally Liss vom Selbstmord abhalten will und dann einsieht und zugibt, dass sie kaputt ist. Das ist ein starker Wendepunkt für Sally und zeigt, wie wichtig Liss ihr ist. Generell mag ich Sallys Endmonolog für Liss sehr gerne, weil darin so viel Weisheit, Kraft und Wahrheit liegt und er das Motto regelrecht verkörpert.

Aber mal davon abgesehen mag ich die Stelle sehr gerne, wo Sally und der Nachbar sich im Birnengarten anschreien. Das war bei den Proben immer sehr lustig und verkörpert außerdem Sallys Wesen im Umgang mit anderen. Es ist tatsächlich ein kleines Wunder, dass wir auf der Bühne nicht alle in Gelächter ausgebrochen sind.

Ihr habt nur sehr wenige Requisiten verwendet und vieles nur angedeutet. Als du vorgelesen hast, wie Sally ein totes Reh berührt und ihr dabei bewusst wird, wie schnell das Leben enden kann, hast du Papierschmetterlinge in den Händen gehalten. Sie waren Teil eurer Bühnendekoration, aber ihr habt sie immer wieder auch als Requisit genutzt. Für uns deuteten sie darauf hin, dass die Figuren etwas erleben, das sie mit ihren eigenen Verletzungen in Kontakt bringt. Sollten diese Schmetterlinge tatsächlich ein Symbol dafür sein?

Wie krass, dass euch das so aufgefallen ist! Im Grunde genommen waren die Schmetterlinge in vielen Szenen nur ein Symbol für etwas – die Schädel, Zeitungsartikel oder das Reh. Am Ende aber, als Sally hinfällt oder als Liss im Karner steht und mit den Schmetterlingen spielt, da standen die Schmetterlinge schon für die Figuren, besonders in Liss‘ Fall, die Schmetterlinge symbolisieren da sozusagen ihr Leben, das, im wahrsten Sinne des Wortes, am seidenen Faden hängt.

Warum findest du diesen Roman lesenswert? Kannst du das erklären, ohne allzu viel von der Handlung zu verraten?

Ich finde den Roman unglaublich heilend. Er erzählt im Grunde genommen ja nur eine Geschichte von zwei Menschen, die zusammenfinden und sich gegenseitig eine Stütze sind. Alles drumherum ist natürlich auch wichtig, aber das ist der Kern. Und ich finde, dass uns das zeigt, dass wir nicht alleine sind und dass wir nicht egal sind, dass es okay ist, sich gegenseitig zu brauchen. Von daher- unbedingt lesen!!

Vielen Dank für eure tolle Lesung und für dieses interessante Gespräch, Lene! Uns beeindruckt es, wie intensiv du dich mit diesem Buch beschäftigt und dich mit den Figuren auseinandergesetzt hast. Deine Gedanken zu diesem Roman motivieren sehr dazu, ihn zu lesen!

Wir hoffen, dass du nächstes Jahr wieder bei den Jugendbuchtagen dabei bist, und wünschen euch viel Erfolg bei eurem nächsten Leseprojekt!

Danke, dass ihr bei der Lesung wart! Maria hat einmal gesagt, die Lesung ist wie unser Baby, das seine ersten Schritte macht, und das stimmt. Deswegen haben wir uns alle auch über jede positive Rückmeldung sehr gefreut!

Und: Bei der Orga-Crew der Jugendbuchtage kann man mitmachen! Wir haben noch nicht mit der Organisation der nächsten Jugendbuchtage begonnen und freuen uns immer über neue Gesichter in der Crew. Also, wenn ihr Lust habt: Auf der Bücherpiraten Website steht alles! 😊

https://buecherpiraten.de/de/home

Text: Klasse 8b, Lene Pochstein, Christina Koschel

Foto: Christina Koschel