Parlament, Presse, Parteien, Politik – die WiPo-Profile besuchten Berlin
Die Wirtschaft- und Politikprofile aus dem Q2- und dem E-Jahrgang hatten die Möglichkeit, an einer dreitägigen politischen Bildungsfahrt nach Berlin teilzunehmen. Vom 15. bis zum 17. Januar erwartete uns ein tolles Programm mit spannenden Einblicken in Politik und Geschichte.
Am Mittwochmorgen starteten wir gegen 9 Uhr an der Thomas-Mann-Schule. Im Bus begrüßte uns Dagmar Tartemann, die im Büro des Lübecker Bundestagsabgeordneten Tim Klüssendorf für die Organisation der BPA-Fahrten (Bundespresseamt) zuständig ist. Sie erklärte uns schon einmal, was uns in den nächsten Tagen erwartet.
In Berlin angekommen waren wir eingeladen zu einem Informationsgespräch über die Aufgaben des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung.
Die Müdigkeit nach der langen Busfahrt war schnell verflogen, nachdem wir einen spannenden Vortrag mit viel Zeit für Fragen hören durften. Hier konnten wir vor allem viel mitnehmen, was die Aufgaben und Definitionen der politischen Instanzen angeht.
Frisch informiert haben wir anschließend im Hotel eingecheckt, was durch seine zentrale Lage ehrlicherweise erst für Zweifel und dann für Begeisterung gesorgt hat. Mitten in Neukölln zu wohnen, ist auf jeden Fall mal was Anderes.
Am Abend ging es zum gemeinsamen Essen in ein indisches Restaurant. Danach nutzten einige die Gelegenheit, die Gegend zu erkunden oder zu shoppen, während sich andere in der Nähe des Hotels in Kreuzberg umsahen.
Am Donnerstag starteten wir mit einem ausgiebigen Frühstück, bevor wir mit unserem Reisebus und einem Stadtführer zu einer mehrstündigen Tour durch Berlin aufbrachen. Dabei besuchten wir wichtige politische und historische Orte, sahen den ehemaligen Grenzbereich, den Mauerstreifen an der Bernauer Straße, und erfuhren viel darüber, wie sich die Abriegelung des Ostsektors auf das Leben der Menschen auf beiden Seiten der Mauer auswirkte.
Das Kreuz der gesprengten Versöhnungskirche liegt als Mahnmal der Teilung auf dem Mauerstreifen.
Die Prunkbauten an der Stalin-Allee, die in den 50er Jahren entstanden, sollten die Überlegenheit des Kommunismus demonstrieren.
Die East-Side-Gallery, wie die von Künstlern mit Graffitis besprühte Mauer genannt wird, vermittelt viele politische Botschaften.
Humboldt-Forum und Neubau des Berliner Stadtschlosses nach historischem Vorbild sind umstritten, denn dafür musste der Palast der Republik, Sitz der Volkskammer zu DDR-Zeiten, abgerissen werden.
Nach sehr viel Input haben wir im Anschluss im Restaurant „Habel am Reichstag“ gegessen.
Danach stand der Besuch des Plenarsaals im Reichstagsgebäude auf dem Programm. Hier hörten wir einen Vortrag über die Arbeit des Parlaments und konnten den Deutschen Bundestag aus nächster Nähe erleben. Besonders interessant war der Vergleich mit anderen Parlamenten.
Vor unserem Besuch in der Kuppel des Reichstagsgebäudes kam es zu unserem Highlight: dem Gespräch mit dem Lübecker SPD-Abgeordneten Tim Klüssendorf. Trotz seines sehr vollen Terminkalenders vor der Wahl im Februar haben wir uns besonders gefreut, dass sich Tim Klüssendorf – zwar per Videokonferenz, aber nicht weniger engagiert – viel Zeit für uns genommen hat. Wir konnten einige Fragen klären, die detailliert und verständlich erklärt wurden, sodass wir ohne unnötige Distanz miteinander sprechen konnte. Dabei haben wir über die Folgen der US-Wahl, Verteidigungspolitik und unsere Sorgen bezüglich des Wahlergebnisses bei der Bundestagswahl debattiert. Hier wurde die Angst vor dem aktuellen Rechtsruck in beiden Klassen spürbar.
Zum Abschluss des Tages wurden wir von Tim Klüssendorf zum Essen eingeladen. Sein Pressereferent Jakob Jürß begleitete uns. In kleinen Gruppen hatten wir dabei die Möglichkeit, über aktuelle politische Themen zu sprechen. Der Austausch war interessant und hat viele Denkanstöße gegeben.
Freitag war bereits der Abreisetag, doch auch hier wartete noch ein spannendes Programm auf uns, bevor es zurück in den Norden ging. Um 9 Uhr wurden wir in der Bundeszentrale für politische Bildung zu einem Informationsgespräch empfangen. Die EU mit all ihren Vorteilen, Perspektiven und ihrer bedeutenden Geschichte stand im Mittelpunkt der Diskussion. Hier konnten wir sowohl mit unserem Wissen aus dem WiPo-Unterricht, dem Europäischen Wettbewerb und Erasmus glänzen, als auch viel Neues lernen – Wissen, das wir sicher auch in Zukunft für mehr als nur Klausuren nutzen können.
Nach einem letzten gemeinsamen Essen kamen wir zum letzten und sehr emotionalen Programmpunkt: der Führung durch die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Mit eindrucksvoller und offener Art wurde uns sehr genau und mit viel Respekt vor den Opfern von den grausamen Zuständen in der Untersuchungshaftanstalt der Stasi zur Zeit der DDR berichtet. Das Wissen über die psychische Folter wirkte auf jeden Einzelnen von uns nach und regte definitiv zum Nachdenken an. Unsere heutigen Privilegien sollten uns allerdings eigentlich nicht nur im Kontrast zu solchen Extremen bewusst werden.
Der im Volksmund U-Boot genannte Keller des Gefängnisses wurde von der sowjetischen Besatzungsmacht zur Inhaftierung politisch Andersdenkender oder Kritiker der Besatzungsmacht genutzt.
Als Lieferwagen getarnt wurden die Fahrzeuge, mit denen die Stasi Dissidenten nach Hohenschönhausen brachte.
Sie setzte mehr auf psychische Folter als auf körperliche Gewalt, um die Inhaftierten zu Geständnissen zu bringen. Isoliert, ohne räumliche und zeitliche Orientierung, weil Tag und Nacht das Licht brannte, mit Drohungen, man werde die Kinder ins Heim stecken und anderem versuchte die Vernehmer der Staatssicherheit den Willen der Menschen zu brechen.
Insgesamt haben wir viele besondere Eindrücke gesammelt, engagierte Menschen kennengelernt, die für ihre Überzeugungen brennen, und viel Neues erfahren.
Wir bedanken uns ganz herzlich für die Möglichkeit dieser Reise bei dem BPA und für die Organisation – sowohl bei unseren Lehrkräften, Frau Piechotta und Herrn Hamann, als auch bei Frau Tartemann aus dem großartigen Team um Tim Klüssendorf sowie bei ihm persönlich! Nicht zu vergessen ist, dass es beeindruckend ist, welche Möglichkeiten wir in Deutschland haben, um in den politischen Prozess hineinzuschauen. Wir haben für die ganze Fahrt nichts bezahlen müssen, sie wurde vollständig vom Bundespresseamt übernommen.
Text: Frida, Q2a
Fotos: Matthias Hamann, Mechthild Piechotta